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Geschichte

BildNaturheilkunde könnte man als ursprüngliche Medizin betrachten. Somit begleitet sie den Menschen seit seiner Entstehung und ist auch das Grundprinzip, welches Tiere und Pflanzen bei Krankheit gesunden lässt. Im Grunde genommen versucht die Naturheilkunde, die Selbstheilungskräfte des Körpers so zu stärken, dass Krankheit überwunden werden kann. Gäbe es diese Selbstheilungskräfte nicht, wäre der Mensch längst ausgestorben.

Allerdings ist Naturheilkunde auch einer der ersten Beispiele für Arbeitsteilung. Es ist anzunehmen, dass die ersten heilkundigen Männer und Frauen ihr Wissen wohl durch Beobachtung gewonnen haben, aber auch durch unmittelbare Erfahrung. Nimmt man nämlich die noch heute tätigen Medizinmänner und -frauen ernst, dann berichtet die überwiegende Zahl über Bewusstseinszustände, einer Art Hypnose, in denen sie ihr Wissen oder Teile davon unmittelbar erfahren. Es ist dabei unwesentlich, über welche Hilfmittel sie in diese Zustände geraten. Einige benutzen Drogen, andere meditieren oder träumen. Das ist also keine ausgestorbene Wissenschaft, sondern lediglich Techniken, welche in unserem Kulturkreis in Vergessenheit gerieten.

Mesopotamien

Der allgemein anerkannte Beginn medizinischen Handelns ist uns über Steintafeln aus Mesopotamien überliefert. Bereits damals, ungefähr 3000 vor unserer Zeitrechnung, wurede zwischen magischen, zeremoniellen und durch Erfahrung gewonnen Wissens unterschieden.

Griechenland

Von Ägypten her wurde die Heilkunde dann nach Griechenland getragen. Auch dort finden wir neben magischen Riten (das Orakel von Delphi) eine Vorgehensweise, die wir später als Wissenschaft bezeichnen. Allerdings stützen sich die Untersuchungsmethoden vor allem auf unsere fünf Sinne und einen scharfsinnigen Geist. Ungefähr 1000 vor Christus stützen sich die Griechen auf die Elementenlehre, wonach die Grundlage die vier Elemente Wasser, Luft, Erde und Feuer bilden. Die zwei wichtigsten Personen sind Hippokrates für die Medizin und Aristoteles für die Philosophie.

China

Fast zur gleichen Zeit entwickeln die Chinesen, ohne dass bekannterweise ein Kontakt bestanden hätte, ein ganz ähnliches Gedankengebäude. In China sind es fünf Elemente, Feuer, Wasser, Erde, Metall und Wind.

Rom

Um das Jahr null wurde die vermutlich bekannteste Person aller Zeiten geboren, Galenus von Pergamon. Er fasste die Heilkunde der damaligen Zeit zusammen und schuf ein Werk, das bis fast ins 18. Jahrhundert allgemeine Lehrmeinung blieb.

Kirche

Vom Mittelalter bis fast ins 18. Jahrhundert war die Kirche Staat und Religion zu gleichen Teilen. Mit der Inquisition sicherte sie sich ihre Macht. Erst hat sie die nicht- christlichen Bräuche allesamt abgeschafft oder oft in christlichen Zusammenhang gebracht. So ist beispielsweise die Sommersonnenwende zum Johannisfest geworden. Heilkunde durfte nur von geistlichen Personen ausgeübt werden, alle anderen Formen wurden bekämpft. Jahrhundertelange Traditionen wurden ausgelöscht. Ein Teil wurde in den Kräuterbüchern bewahrt, welche im ausgehenden Mittalalter neben der Bibel die meistverkauften Bücher waren.

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Araber

Die Wissenschaft war in Europa quasi auf Eis gelegt. Dafür blühten sie in den arabischen Ländern auf. Diese übersetzten die alten Werke ins arabische, was viele von der Vergessenheit bewahrte. Ein Beispiel sind die Bäder, welche zu Roms Zeiten sehr verbreitet waren, und später von den Arabern nachgebaut wurden. In Europa hingegen waren Bäder erst im Spätmittelalter geduldet. Der Beruf des Baders, neben dem Barbier ein Vorfahr des Chriurgen, war aber ohne grosses Ansehen.

Neuzeit

Die Wissenschaft konnte sich unter der Ägide der Kirche nur mühsam entwickeln. Die stillschweigende Einigung war die, dass sich Wissenschaft nicht um die Belange der Seele kümmerte. Die Lehre von Galenus von Pergamon wurde wieder ausgegraben, allerdings nicht mehr hinterfragt, sondern nur noch als unumschränkte Wahrheit gehandelt. Die arabischen Schriften wurden in unsere Sprachen übersetzt.

Vormoderne

Im 17. und 18. Jahrhundert wurde dann der grosse Kampf um die Vormacht ausgetragen. Grosse Fragen um das Zusammenwirken von Körper und Geist wurden ausgetragen. Ein Teil der Wissenschaft schlug ein Lebenprinzip vor, welches den Körper mit Lebensenergie füllte. Diese Richtung hiess Vitalismus und ist insofern von Interesse, weil die Naturheilkunde daraus entstanden ist. Der grosse Gegenpol war der Materialismus, welcher zur Schulmeinung wurde. Der Materialismus hat nach der Seele auch den Geist als eigenständiges Prinzip fallengelassen. Was heute als unumgängliche Wahrheit angesehen wird ist nichts anderes als eine philosophische Richtung.

Moderne

Es ist die Zeit vom 19. Jahrhundert, wo sich die heutige Medizin ausbildete und seinen Machtanspruch geltend machte. Universitäten und grosse Krankenhäuser entstanden. Es ist auch die Zeit, wo eine Gegenbewegung entsteht. Eine Art „Barfussmedizin“, oft waren es Personen mit kirchlichen Würden, und alles Nicht- Akademiker. Das ist der Anfang von Vegetarismus, von Wasserkur und von einer Heilkunde, die gar keine Medikamente benützen möchte. Die akademische Medizin, die noch im entstehen war, hat sich vehement zur Wehr gesetzt. Zu dieser Zeit entstanden die Kampfbegriffe „Quacksalber“, „Kurpfuscher“ und  „Scharlatan“ (zur ursprünglichen Bedeutung Wikipedia: „Quacksalber bezeichnet eine Person, die nur eine unzureichende medizinische Ausbildung besitzt bzw. ohne amtliche Zulassung Kranke behandelt“). Wichtig ist vielleicht noch zu ergänzen, dass Heilpflanzen immer ihren Stellenwert behielten und in dieser ganzen Diskussion sozusagen aussen vor blieben. Es war die Zeit, als Heilpflanzen ganz intensiv von der Wissenschaft erforscht wurden. Niemand zweifelte an ihrer Wirkung.

Postmoderne

Im 20. Jahrhundert gibt es einen grossen Schnitt, und das ist der 2. Weltkrieg. In der ersten Hälfte wurde von ärztlicher Seite noch sehr breit geforscht, auch alte Verfahren haben sich bis in diese Zeit gerettet. Nach dem zweiten Weltkrieg und mitten drin der Entdeckung der Antibiotika, ist damit Schluss. Alles schien sich zu gunsten der Schulmedizin, die damals unglaubliche Erfolge feierte, entschieden zu haben. Mit der Kulturrevolution der 70er Jahre kamen aber auf einen Schlag die alternativen Behandlungen wieder zurück und viele neue entstanden. Der vermutlich wichtigste Grund war der Verlust des Glaubens an Autoritäten. So wurde die chinesische Medizin im Westen entdeckt und die alten Verfahren in der Naturheilkunde wurden wieder aufgenommen. Nicht, dass sie dazwischen verschwunden wären, nur plötzlich wollten sich immer mehr Menschen alternativ behandeln lassen. Bis heute versucht man von einem vorübergehenden Trend zu sprechen. Aber genauso, wie sich die Schulmedizin von den Menschen entfernt, wird die Naturheilkunde immer attraktiver.

Gegenwart

Anstatt sich gegenseitig anzunähern, versteift sich die Schulmedizin immer mehr zu einer Ideologie. Einer zur Naturheilkunde skeptischen Ärzteschaft stehen heute handfeste wirtschaftliche Interessen zur Seite. Noch nie in der Geschichte konzentrierte sich so viel Kapital in der Erforschung und Anwendung von Medizin in so wenigen Händen. Anders gesagt, noch nie wurden in der Medizin kaufbaren Leistungen (Apparate, Pharmakologie) so viel Gewicht verliehen. Gesundheit ist wie jeder Aspekt in unserer heutigen Welt zum Konsumgut geworden.

In der Naturheilkunde gibt es zwei Tendenzen. Einerseits ist das Wohlbefinden im Fokus. Ergänzend (komplementär) zur Schulmedizin, welche sich auf Apparatemedizin und Pharmakologie konzentriert, wird Zeit und Zuwendung angeboten. Dieser Teil der Naturheilkunde wird einigermassen akzeptiert, indem man auch immer wieder betont, dass bei „richtigen“ Krankheiten die Schulmedizin zuständig wäre. Der andere Teil ist echte Alternativmedizin, also ein komplett anderes medizinisches Vorgehen, welches auf Gesundwerdung und -erhaltung zielt. Hier wird unterschieden zwischen Chirurgie und Notfallmedizin, wo die Schulmedizin ihre grössten Leistungen aufweist, und Behandlung von chronischen Krankheiten, wo Naturheilkunde als echte Alternative auftritt. Dieser Teil der Naturheilkunde wird zunehmend auch von Ärzten betrieben.